Der Mythos

Heutzutage treten die Symbolfiguren der Frau Holle, der Gold- und der Pechmarie immer noch mit dem Federkissen auf, aus dem beim Schütteln nicht nur Federn, sondern auch Bonbons zur Freude der Kinder herausfallen. Die Kleidung dieser Symbolfiguren mutet mittelalterlich an. All dies hat mit dem Mythos der Frau Holle ebenso wenig zu tun wie Mittelaltermärkte mit dem Mittelalter. Es geht um nette Wohlfühlaktionen für ein Publikum, das Entspannung, Abwechslung und Unterhaltung sucht.

Die intensive Beschäftigung mit dem Frau-Holle-Mythos fordert dagegen zu harten Auseinandersetzungen heraus, die ich in meinem Buch ausführlich beschreibe und diskutiere.

Zum einen ist der Frau-Holle-Mythos einer Lebensweise verpflichtet, die mit der üblichen Lebensweise in einer die Natur und den Menschen ausbeutenden, materialistisch geprägten Konkurrenzgesellschaft nicht zu vereinbaren ist.

Zum zweiten konfrontiert uns Frau Holle mit der Frage nach der Spiritualität in unserem Leben, anders gesagt mit der Frage danach, was unser Leben sinnvoll macht und wie wir ein sinnvolles Leben führen wollen.

Zum dritten schließlich verweist uns der Frau-Holle-Mythos auf die Rolle der Kirche im Rahmen der machtorientierten Mittel zur Christianisierung und Missionierung der so genannten Heiden weltweit. Historikerinnen reden hier von sechs Millionen Opfern und mehr. Und der Frau-Holle-Mythos behauptet keine Trennung von Mensch und Gott, sondern sieht das Göttliche in Mensch und Natur auf vielerlei Weise. Das Bild eines sündigen Menschen, der einem strafenden Gott gegenüber tritt, ist mit dem Frau-Holle-Mythos unvereinbar.

Auf der Basis dieser Auseinandersetzungen lässt sich natürlich kein nettes Tourismuskonzept entwickeln.


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